Schenkung oder Erbe?
Wie wir heute wissen, beginnt Heinrich von Neuffen um ca. 1220 mit dem Bau der Burg Blankenhorn. Das kann er aber nur, wenn ihm das zu bebauende Gelände auch wirklich gehört!
Neueste bauhistorische Untersuchungen legen hier nahe, daß er dabei nicht von Grund auf neu beginnt, sondern auf dem Bergsporn schon eine Baustelle, eine Ruine oder Reste einer kleinen Burg vorfindet und die bereits stehenden Mauern in das neue Bauwerk integriert.
Dabei stellt sich uns aber zuerst einmal die Frage, wie der Burgherr überhaupt in den Besitz dieser Herrschaft mit der Burgenbaustelle und den dazugehörigen Ortschaften kommt. Wie kommt ein Ritter von der Schwäbischen Alb zu Besitzungen im 2-3 Tagesreisen entfernten Zabergäu?
Was wir definitiv wissen, ist, daß Teile von Güglingen, welche vielleicht auch den Bergsporn am Stromberg beinhalten, noch 1188 zum staufischen Allodialgut gehören, d.h. sind direkter Eigentum des Hauses Hohenstaufen, welches im 12. Und 13. Jahrhundert das vorherrschende Geschlecht im Deutschen Reich ist.
Was ist also im Zeitraum zwischen 1188 und 1220 geschehen? Die mittelalterlichen Quellen geben hierzu nur spärliche Hinweise, es gibt aber trotzdem 2 unterschiedliche Erklärungsansätze!
Beginnen wir mit der augenscheinlich einfachsten und offensichtlichsten Möglichkeit: König Friedrich II. bedankt sich bei Heinrich von Neuffen für die sichere Reise von Sizilien nach Deutschland und übergibt ihm in einer Schenkung das geschlossene Herrschaftsgebiet im Zabergäu. Eigentlich eine plausible und logische Theorie, zumal die sichere Ankunft in Deutschland für Friedrich sehr wichtig ist und die Basis für sein zukünftiges Königtum bildet. In den Anfangsjahren seiner Herrschaft erkauft sich der junge König oft auf diese Weise die Loyalität des deutschen Adels. Diese Annahme ist in der Fachwelt sehr weit verbreitet, kann aber nicht final bewiesen werden und wirft ihrerseits doch wieder Fragen auf!
Lassen wir diese Überlegungen mal einfach so stehen und wenden uns der 2. Theorie zu, welche allerdings auch etwas komplizierter zu erklären ist und vom bekannten Stauferfachmann Walter Ziegler aufgeworfen wurde.
Vielleicht sind die Ländereien im Zabergäu gar keine Schenkung, sondern Teil einer Erbschaft! Wie wir erfahren haben, ist Heinrich von Neuffen nicht nur gebildet und politisch mit allen Wassern gewaschen, er schafft es auch, seinen Besitz durch eine Heirat massiv zu vergrößern.
Seine Gemahlin, die Adlige Adelheid von Winnenden ist die Erbtochter, also einzige Erbin des Edelfreien Gottfried von Winnenden und ihres Onkels Graf Manegold von Rohrdorf.
Es lohnt sich an dieser Stelle für die folgende Argumentation, diesen interessanten Ritter von Winnenden mal genauer zu betrachten.
Gottfried ist ein geborener Edelfreier von Schauenburg und hat noch 3 ältere Brüder:
Sieghard wird 1167 durch die Unterstützung des Kaisers Friedrichs I. gegen massive Widerstände Abt von Lorsch, ist dadurch natürlich dem Könighaus gegenüber loyal und agiert in seinem Sinne.
Berthold von Wolfsölden ist sehr oft am Hofe Barbarossas zugegen. Durch vergebene Lehen an ihn, z.B. um 1165 der Ort Dertingen, ist er zu Reichs- und Heerfahrten verpflichtet und nimmt auch an wichtigen Hoftagen teil. Diese enge Bindung an das Königshaus ist dokumentiert und hilft uns beim weiteren Versuch, dem Rätsel auf die Spur zu kommen.
Der jüngste Bruder Gottfried, verheiratet mit einer Gräfin von Rohrdorf, kann auch am Hofe Friedrichs I. nachgewiesen werden (1181, 1187,1189), viel öfters aber noch findet man ihn im Gefolge seines Nachfolgers, Kaiser Heinrich VI. In der Zeit zwischen 1190 und 1195 ist er ständiger Begleiter des Kaisers und nimmt an Heerfahrten und Kriegszügen auch nach Italien teil. Außerdem tritt er bei zahlreichen Hoftagen als Zeuge in Erscheinung. Einige Historiker sehen in ihm sogar einen der Ratgeber des Herrschers! Eine ziemlich zeitaufwändige Tätigkeit für den Ritter, und sicherlich macht er das alles nicht ohne Grund.
Es kann davon ausgegangen werden, daß man auch die Dienste Gottfrieds und seine Gefolgschaft in direktem Zusammenhang mit einem Gunsterweis des staufischen Kaisers Heinrich VI. oder seines Vaters in Form von Besitz- und Herrschaftsrechten sehen muß. Für diese These gibt es zwar auch keinen direkten Beweis, die folgenden Indizien und Puzzleteile passen aber ziemlich gut zusammen:
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Denn nur im Fall des freien Eigentums hätte Gottfried von Winnenden den Güglinger Besitz auch vererben können.
Es besteht durchaus aber auch die Möglichkeit, daß das Güglinger Gebiet durch Rohrdorfer oder Wolfsöldener Erbgänge in den Besitz Gottfrieds wandert. Hier forscht zur Zeit Herr Walter Ziegler intensiv und man darf auf mögliche neue Ansätze in der Zukunft gespannt sein.
Die Theorie, daß das besagte Gebiet um 1190 im Besitz Gottfrieds von Winnenden ist und er mit dem Bau einer kleinen Burg auf dem Bergsporn beginnt, erscheint heute schlüssig und logisch.
Irgendwann vor 1220 stirbt Gottfried von Winnenden und sein Erbe wandert durch seine Tochter Adelheid in den Besitz von Heinrich von Neuffen.
Wie bereits gesagt, für keinen der beiden hier aufgeführten Erklärungsversuche gibt es bis dato stichhaltige Beweise, was angesichts der langen Zeit auch nicht weiter verwunderlich ist.
Der Leser darf sich hier sicher seine eigene Meinung bilden und für sich entscheiden, welches Szenario ihm besser gefällt.
©2017/Stefan Weber